Loïc Schneider (Flöte) und David Violi (Klavier) begeisterten mit anspruchsvollem Programm in der Mälzerei
Saison 2011/2012. Die Klassischen Konzerte präsentieren immer wieder Besonderes im Bereich der Kammermusik. Nach dem Auftaktkonzert mit dem Fauré-Quartett im Oktober standen am Freitagabend Werke für Querflöte auf dem Programm, die wahrscheinlich nur echten Könnern auf diesem Instrument vorbehalten sind. Der französische Flötist Loïc Schneider, 2010 mit einem 1.Preis beim ARD-Wettbewerb ausgezeichnet, ist unverkennbar ein solcher Könner.
Gemeinsam mit David Violi am Klavier, der mit seinem subtilen Spiel inzwischen zu einem sehr gefragten Kammermusik-Spezialisten avanciert ist, präsentierten die beiden ein anspruchsvolles Programm. Erstmals bei den Klassischen Konzerten wurde vorab durch den Mosbacher Querflötisten Martin Schmidt eine kompakte und informative Einführung in das doch recht spezielle Programm angeboten, die ebenfalls auf großes Interesse stieß.
Den Auftakt des Konzertes bildete Bachs Sonate „h-moll“ mit ihrem ätherisch-schönen Mittelsatz, in dem Loïc Schneider seine wunderbare Technik in all ihren Facetten einsetzen konnte. Sein Ton ist aufregend klar und warm selbst in großen Höhen, sein Vibrato unglaublich nuanciert, Phrasierung und Artikulation sind immer einfallsreich und durchdacht. David Violi begleitete hier behutsam und federleicht, während er in den anderen Sätzen, die eher die polyphone Struktur einer Triosonate aufweisen, nicht nur begleitend hinter der Flöte zurückstand, sondern seinem Part einen gleichwertig-concertanten Anteil verlieh. In der folgenden „Sequenza I“ für Flöte solo lotete der Komponist Luciano Berio (1925-2003) die Möglichkeiten des Instruments auf eine Weise aus, die beim Zuhörer ungläubiges Staunen hervorrufen kann. Dem Flötisten werden hier Dinge abverlangt wie mehrstimmiges Spiel und extreme Dynamik vom schrillen Fortissimo bis zum ins Nichts verhauchenden Pianissimo. Auch spezifische Techniken wie Klappengeräusche und Flatterzunge werden hier auf höchst einfallsreiche Weise eingesetzt, ohne zum Effekt zu verkommen. Nicht ganz leichte Kost zum Anhören, aber dank der herausragenden Interpretation von Loïc Schneider konnte man sich gut auf das interessante Hörexperiment einlassen.
Franz Schuberts „Introduktion, Thema und Variationen über das Lied ‚Trockne Blumen’“ wirkt wie ein musikalischer Edelstein aus einer Zeit, in der leichtfüßige Variationen über bekannte Melodien populär und der Musikgeschmack eher ein wenig oberflächlich war. In „Trockne Blumen“ aus dem Zyklus „Die schöne Müllerin“ geht es um romantische Todessehnsucht. Schubert beschreibt die Verfassung des unglücklich verliebten Müllerburschen mit einem raffinierten Trauermarsch im Klavierpart, der zunächst als melodramatischer Tagtraum, dann als wild entschlossener Ausbruch und in der letzten Variation als zwar verhaltener, aber unverkennbarer Triumphmarsch daherkommt, so als wäre Schubert hier versucht gewesen, für die „Schöne Müllerin“ einen alternativen Schluss zu entwerfen.
„Joueurs de flûte (Flötenspieler)“ nannte Albert Roussel (1869-1937) seine Komposition op.27, deren vier Sätze – überschrieben mit Pan, Tityre, Krishna und der Romanfigur M. de la Péjaudie - er jeweils einem bedeutenden Flötisten seiner Zeit widmete. Daraus ergaben sich vier witzige Miniaturen, die David Violi und Loïc Schneider mit hintergründiger Delikatesse nachzeichneten. Das letzte Werk in ihrem Programm war die Sonate D-Dur op. 94 von Sergej Prokofjew (1891-1953), in der die beiden Musiker in perfekter Einigkeit noch einmal lange Bögen voller Intensität spannen. Mit dem eleganten und schwungvoll gespielten „Valse“ von Benjamin Godard als Zugabe setzten sie den Schlusspunkt unter ein Konzert, das zu einem wunderschönen Portrait der Flötenkunst wurde.