Von funkelnden Kleinoden und feinen Klangschönheiten - Konzertgemeinde Mosbach e.V.

Von funkelnden Kleinoden und feinen Klangschönheiten

12-02-13 mosbacher klassische-konzerte

"Mosbacher Klassische Konzerte" Isabelle Faust und Alexander Melnikov bereiteten Sternstunde

Saison 2011/2012. Heutzutage gibt es sicher kaum einen zweiten Künstler, der solch eine große Offenheit für die verschiedensten musikalischen Stile und Epochen hegt und dieses Interesse mit so viel Authentizität zu erfüllen versteht, wie Isabelle Faust. Die klassische Moderne und die Neue Musik hat dabei einen ebenso hohen Stellenwert wie die großen Klassiker.

Und unter den großen Geigern von heute ist sie eine der ganz wenigen, die in Sachen historisierender Aufführungspraxis ein gehöriges Wörtchen mitreden kann. Das ließ die 1972 geborene Geigerin auch nun während ihres Auftritts bei der Konzertgemeinde in der Alten Mälzerei anklingen, wo sie mit ihrem Klavierpartner Alexander Melnikov ein sehr anregendes Programm absolvierte.

Mit Beethovens Duosonate c-moll op.30/2 begannen die beiden, wobei die Auseinandersetzung mit dem Historisierenden auch hier zu spüren war. Gänzlich frei von allem Pathos musizierte das Duo, dafür federleicht und wie am Schnürchen laufend. Ohne viel Federlesen kamen die beiden schnurgerade und in flotten Tempi zur Sache. Im langsamen Satz verweigerte sich die Geigerin einem wohlklingenden Vollbad süffiger Romantik, schuf eine Spannung gerade aus dem Verzicht aufs dick Aufgetragene. Momente berückender Intimität entstanden in diesem Spiel, kaum je hat man Beethoven so delikat erlebt. Gänzlich verweigerten sich die Musiker dem Bild eines grimmigen Beethoven, umso mehr aufgeweckter Humor und Unbeschwertheit kam dabei herein.

Isabelle Faust und ihr Klavierpartner blicken immer sehr gründlich hinter die Noten, umgehen Konventionen und bringen Unerhörtes ans Tageslicht. Aus Schuberts Fantasie C-dur D 934 machte das Duo ein funkelndes Kleinod, einen intim präsentierten Schatz. Was dabei an feinen Klangschönheiten, sublimen Tönen und farblichen Delikatessen herausgelöst wurde, war ganz besonders. Ein Spiel von musikantisch unbeschwerter Lust, anregendem Esprit und Gelassenheit wurde dabei vereint, hinreißend in feinem Witz und Anmut. Ganz bezaubernden Charme erhielt der Variationensatz - hier hörte man beseelte, innige Geigentöne, die einem das Herz aufgehen ließen. Ein Zusammenspiel, das sehr gut funktionierte: in den virtuosen Passagen beflügelt und federleicht.

Für nicht oft gespielte Werke hat Isabelle Faust ein großes Herz. Und so kam man nach der Pause in den seltenen Genuss, die Violinsonate G-Dur op.134 von Schostakowitsch zu hören. Eine teilweise widerborstige Musik, wobei es das Duo bestens verstand, die spröde Harmonik in Innigkeit und intimen elegischen Ausdruck zu wandeln. Eine geheimnisvolle, gespannte Atmosphäre schufen die beiden in den leisen Tönen des Kopfsatzes. Eine bittersüße Stimmung, die heiter lächelnd und tief sinnierend zugleich war. Sehr viel Biss und Elan kam in das Scherzo, rhythmisch und gestisch gleichermaßen mitreißend. Große visionäre Weite gab das Duo dem Finalsatz mit seinem weitverzweigten Fugenthema, eine Musik, die bei aller Komplexität immer an das Vorbild Bach erinnerte: im choralhaften Gestus und der tiefen Introspektion ebenso wie in den virtuosen Verdichtungen, welche das Duo überaus zupackend gestaltete. Eine musikalische Sternstunde und überragende Leistung dieser bemerkenswerten Musiker, die mit gestalterischer Intelligenz, großer Sinnlichkeit und wacher Musikalität einen großen Abend bescherten.

Für den großen, begeisterten Beifall bedankte sich das Duo Faust-Melnikow mit der Zugabe einer Rarität: dem Scherzo aus Webers 3. Violinsonate. Beschwingt und in lustvoller Laune musiziert, ein heiterer Kehraus eines wunderbaren Konzertabends.

Von Rainer Köhl

Mosbacher Klassische Konzerte