Das „Eliot Quartett“ demonstrierte im Rahmen der Mosbacher Klassischen Konzerte eindrucksvoll die Hohe Schule des Streichquartetts
Wenn es überhaupt eines Beweises bedurft hätte, um die Völker verbindende Kraft der Musik zu zeigen, dann ist da „Eliot Quartett“ ein perfektes Beispiel. Das in Frankfurt beheimatete junge Ensemble ist seit 2014 sehr erfolgreich gemeinsam unterwegs und ganz international aufgestellt: Die erste Geigerin Maryana Osipova und Bratscher Dmitry Hahalin stammen aus Russland, Alexander Sachs an der zweiten Violine aus Kanada und Cellist Michael Preuss aus Leipzig. Und die vier verstehen sich blind, wenn sie als Quartett auf der Bühne sitzen – ein Tanz in perfekter Formation. Am Wochenende war das Quartett im Rahmen der Mosbacher Klassischen Konzerte in der Alten Mälzerei zu Gast und verzauberte das Publikum vom ersten Ton bis zur wunderbaren Zugabe.
Man ahnt, dass viel Arbeit in diesem überaus geschmeidigen Klang und organischen Gestalten des Eliot Quartetts steckt. Wer jemals selbst versucht hat, Streichquartett zu spielen, der weiß, wie aufregend und besonders es ist, wenn aus vier Einzelstimmen quasi ein einziger Organismus entsteht, bei dem alles wie selbstverständlich ineinandergreift. In Mendelssohns erstem Streichquartett op. 13 in a-moll, mit dem die vier Musiker das Programm eröffneten, trat die Hohe Schule des Quartettspiels gleich eindrucksvoll zum Vorschein.
Dieses geniale Werk lebt von unzähligen kleinen Wechseln in Tempo und Klangcharakter, die immer mal wieder von einer anderen Stimme eingeleitet werden, oft auch von der Viola, die der junge Mendelssohn in Aufführungen wahrscheinlich häufig selbst gespielt hat. Unfassbar, wie er bereits als Teenager ein so ausgereiftes Meisterwerk komponieren konnte, aber so ist es.
Bratscher Dmitry Hahalin rückte mit seinem warmen, tragfähigen Violaklang an genau den richtigen Stellen selbstbewusst ins Zentrum des musikalischen Geschehens. Gemeinsam mit Michael Preuss am Cello sorgt er beim Eliot Quartett für ein sonores, aber immer feines und durchlässiges Fundament, über dem sich die hohen Töne der beiden Violinen ohne Druck entfalten können. Maryana Osipova spann wunderschöne, filigrane Melodiebögen und brachte auch eine wohlproportionierte Dramatik ein, zum Beispiel bei den rezitativischen Solostellen der ersten Violine, die vor allem dem vierten Satz eine so eindringliche Kraft und fast beethovensche Tiefe verleihen. In dieser feinen Interpretation war alles da: Der tiefe Ernst, aber auch spielerische Vergnügtheit wie im Intermezzo, bei dem schon ein guter Schuss „Sommernachtstraum“ durchschimmerte.
Die vier Musiker integrieren übrigens gerne auch zeitgenössische Werke in ihre Programme: Hier präsentierten sie die „Fünf Sätze für Streichquartett“ von Anton Webern, die vielleicht ein wenig die Hörgewohnheiten der Zuhörer herausfordern, aber die doch mit ihren „flageolet“, „col legno“ oder „sul ponticello“ gespielten Klangfarben immerhin eindeutig Streichermusik sind, im Vergleich zu anderen modernen Quartettstücken, bei denen eher das Geräuschhafte, Verfremdete im Vordergrund steht.
Im zweiten Teil nach der Pause erklang danach das temperamentvolle Quartett in A-Dur op. 41 Nr. 3 von Robert Schumann. Mendelssohn und Schumann waren befreundet und kannten natürlich die Werke des jeweils anderen gut. Die beiden Quartette nebeneinander an einem Abend hören zu dürfen, war eine interessante Erfahrung: Auch hier wieder diese traumhaft natürliche Art des Eliot Quartetts, gemeinsam zu agieren, der seidige, elegante Ton, der vor allem die heitere, sonnige Note des Werkes hervorhob, ohne die scharfen Kanten unter den Teppich zu kehren.
Bemerkenswert war auch die Zugabe, die die vier für dieses Konzert ausgesucht hatten. Anstatt mit einem fetzigen „Rausschmeißer“ zu schließen, packten sie mit „Da pacem Domine“ des estnischen Komponisten Arvo Pärt ein zartes Vokalstück aus, bei dem sicher viele Gedanken zu den Menschen in den Kriegsgebieten wanderten und die Zuhörer tief berührt lauschten. Es entstand eine lange Stille, nachdem die letzten Töne verklungen waren. Dann aber brandete doch ein großer, anerkennender Applaus auf, mit dem das Quartett schließlich endgültig verabschiedet wurde.