Die Freunde anspruchsvoller klassischer Musik durften sich in dieser Woche glücklich schätzen, dass es dem Initiator der Konzertgemeinde Christof Roos erneut gelungen war, zwei Künstler von internationalem Rang nach Mosbach zu holen.
Vor sehr gut gefüllten Zuschauerreihen in der Mälzerei begeisterten die Sopranistin Ruth Ziesak und der Pianist Gerold Huber beim zweiten der Klassischen Konzerte mit feingeschliffener Liedkunst und ausgeprägtem Charisma.
Als Liedinterpretin verbindet Ruth Ziesak mit Gerold Huber eine bewährte Zusammenarbeit. Einen Teil ihres aktuellen Programms, die Lieder von Alma und Gustav Mahler, haben sie 2013 gemeinsam auf CD eingespielt. Aber auch live demonstrierten die beiden eine beeindruckende, fast traumwandlerische Einigkeit. Ruth Ziesaks schlanker, farbenreicher Sopran ist kein hochgerüsteter Bolide, der vor allem mit Durchschlagskraft punktet. Sie gestaltet vielmehr äußerst fein und subtil, mit sorgsam gezügelter Kraft und dabei unglaublich lebendig. Exakt dieselben Qualitäten zeigen sich auch im Klavierspiel Gerold Hubers, dessen feinsinniges Legato und kongeniale musikalische Akribie das Zusammenspiel mit Ruth Ziesak zu einem ausgesprochenen Genuss für Augen und Ohren werden ließ. Das gewählte Programm mit Liedern von Clara und Robert Schumann sowie Alma und Gustav Mahler lud die Zuhörer ein zu einem spannenden Vergleich zweier bekannter Komponistenehepaare. Mit „Frauenliebe und –leben“ von Robert Schumann (1810-1856) nach dem gleichnamigen Gedichtzyklus von Chamisso eröffneten die Musiker den Abend. Von Beginn an entwickelte sich zwischen Singstimme und Klavier ein feinsinniges kammermusikalisches Zwiegespräch, bei dem man im Auditorium die berühmte Nadel hätte fallen hören können bis zu dem atemberaubenden Rezitativ im letzten Lied „Nun hast du mir den ersten Schmerz getan“, mit dem Schumann den Zyklus enden lässt.
Fast ein Jahrhundert nach ihm wählte Alma Mahler (1879-1964) fünf Gedichte (von Dehmel, Rilke, Heine und Novalis) zur Vertonung aus, die im Vergleich mit dem doch eher konventionellen Frauenbild des 19. Jahrhunderts in Chamissos „Frauenliebe“ fast schon revolutionär wirken. Besonders im letzten davon, der „Hymne an die Nacht“ entlädt sich geradezu knisternde erotische Spannung. Auch Almas Musik ist kühn und originell, bereits deutlich abgelöst vom romantischen Vorbild, nicht mehr so klar an der natürlichen Sanglichkeit der menschlichen Stimme orientiert. Komponierende Frauen hatten es nicht leicht zu dieser Zeit. Auch Clara Schumann (1819-1896) konnte als gefragte Konzertpianistin nur einen Teil ihrer Zeit dem Komponieren widmen. Von ihr erklangen die „Sechs Lieder“ op. 13, eine wunderschöne romantische Hommage an die Liebe und anschließend die höchst dramatisch vertonte „Loreley“, in der Gerold Huber mit einem wilden Klaviernachspiel einen recht überraschenden Schlusspunkt setzte.
Die Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ hat Gustav Mahler (1860-1911) immer wieder zu Vertonungen angeregt. Ihre oft volkstümlichen Texte gehen mit seiner grandiosen, an der Schwelle zur Moderne angesiedelten Musik eine sehr reizvolle Verbindung ein. Ruth Ziesak mit ihrer klaren, fein nuancierten Stimme verstand es, sozusagen zwischen den Zeilen zu lesen und verlieh gerade durch ihre kluge Zurückhaltung den Mahler-Liedern eine anrührende Tiefe. Nach dem letzten Lied „Scheiden und Meiden“ mit dem dreifach insistierenden „Ade, ade, ade“ brandete begeisterter Applaus auf, für den sich Ruth Ziesak und Gerold Huber mit Clara Schumanns Vertonung von „Liebst du um Schönheit“ als Zugabe bedankten.