Mit einem herzlichen „Dobro wetscher“ und „Guten Abend“ begrüßte Christoph Roos die bulgarischen Gäste auf der Bühne und das Publikum in der ausverkauften Alten Mälzerei.
Lange sei es schon ein Wunsch des Publikums und des Veranstalters, der Mosbacher Klassischen Konzerte gewesen, die Nationalphilharmonie Sofia einzuladen, jetzt habe es geklappt, dank Prof. Jürgen Kletti und der Firma mpdv. Und auch der Dirigent Martin Pantelev dankte dem Sponsor, dem er sein neues Werk widmete, das hier nun zur Uraufführung kam. „Lebensvisionen“ nannte er dies. Liebliche Folklorismen tönten dabei neben heiteren Melodien, süße Elegien und Liebesthemen der Streicher hatten in dieser freundlichen Idyllik ebenso ihren Platz wie strenge Fugatos.
Ein rein slawisches Programm dirigierte der bulgarische Dirigent und mit Dvoraks Cellokonzert h-moll folgte eines der beliebtesten Meisterwerke der Gattung. Sanft und lieblich getönt war der Beginn, wich der herbe Tonfall dieser Musik einer eher süßlichen Gangart. Claudio Bohorquez, Celloprofessor in Stuttgart war der namhafte Solist. Starke Momente hatte dieser in den lyrischen Abschnitten, den nachdenklichen Passagen. Tiefgründig und beseelt durchleuchtete er diese, während die schnellen Teile etwas unverbindlich (und nicht immer ganz sauber intoniert) klangen. Herausragend war somit auch der langsame Satz, in welchen die Bläser inspiriert einführten und das Cello ebenso stille Leidenschaft wie schöne Gesänge strömen ließ. Schöne, farbenreiche Sonorität entwickelte Bohorquez in seinen Kantilenen, ließ die Töne mit warmem Vibrato innig blühen. Wunderbare Momente stillen Musizierens entstanden dabei. Schöne, aufgeweckte Dialoge ging der Cellist im Finale mit den Bläsersolisten ein, gestaltete seinen Part mit den rasenden Ornamenten ausgesprochen sportiv. Visionäre Klänge entstanden im lyrisch verklärten Schlussabschnitt. Für den reichen Beifall bedankte sich Claudio Bohorquez mit der Zugabe von Bachs Sarabande C-dur: ruhevoll schwingend, in warmer Sonorität und introspektiver Schönheit musiziert.
Tschaikowskys 4. Sinfonie f-moll gab es nach der Pause. Markant tönte der Beginn der Blechbläser in schmerzvoller Tragik. Elegische Melodien ließ die Cellogruppe mit Eleganz dahin walzern. Sehnsüchte, Leidenschaften ließ Martin Pantelev am Pult reichlich erstehen. In den kämpferischen Allegro-Passagen entstanden ein paar orchestrale Tumulte, im Lyrischen aber war das Orchesterspiel wieder ein Herz und eine Seele. Hingebungsvolle Eleganz hörte man im langsamen Satz, der kammermusikalisch licht musiziert wurde, delikate Lyrismen kamen ins Schweben, gefielen schöne Bläsersoli. Sehr präzise tönten die Pizzicato-Rhythmen der Streicher im Scherzo, hurtig im Tempo und wie am Schnürchen ablaufend. Ebenso quirlig und aufgeweckt musizierten die Bläser ihr Trio, die Marschrhythmen trefflich in Fahrt bringend. Prächtige Spiellaune herrschte im rasant durchpeitschten Finale: sehr präzise und virtuos musizierte die Nationalphilharmonie Sofia, in mitreißendem Drive. Jubel schlug den Gästen am Ende entgegen, wofür sie sich mit zwei der schönsten Slawischen Tänzen von Dvorak bedankten: herrlich sehnsüchtig zunächst die Nr. 2 aus op.72, die Violinen mit strahlendem Schmelz und beseelter Hingabe. Zu Hochform ließ das Orchester auf, musizierte inspiriert und klangschön, und lustvoll, in zündender Verve bot die furiose Nr. 8, op. 46 einen fröhlichen Kehraus.
Solist: Claudio Bohorquez
Von Rainer Köhl