Das junge Ensemble AMBRA begeisterte bei den Klassischen Konzerten in der Mälzerei
„Achtung, das Programm kann Spuren von Blech enthalten“, hieß es in der Begrüßungsrede von Gastgeber Christof Roos, der als Veranstalter im Namen der Konzertgemeinde zum letzten Konzert der Saison 2019/20 am Dienstagabend ein erfreulich großes Publikum in der Alten Mälzerei begrüßen konnte. Ungewöhnlich bei einem Kammermusikabend, der meist nicht ganz so viele Zuhörer ins Konzert lockt wie die Orchesterkonzerte, waren das Parkett komplett ausverkauft. Zu Gast war das international besetzte Ensemble AMBRA mit der gerade mal 20jährigen Violinistin Anne Maria Wehrmeyer, dem Klarinettisten Žilvinas Brazauskas und dem Pianisten Asen Tanchev, die 2018 in der Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler des Deutschen Musikrats aufgenommen wurden. Die Spuren von Blech waren nicht sofort zu entdecken, der Bezug erschloss sich erst nach einem genaueren Blick ins Programm, denn das junge Ensemble hatte das Trio op. 40 von Johannes Brahms, das eigentlich für Violine, Klavier und Horn komponiert wurde, für seine Besetzung mit Klarinette arrangiert. Und das mit großem Erfolg, wie sich nach der Pause zeigen sollte. Auch Sergej Prokofiews Sonate d-moll op. 94 ist eigentlich für ein anderes Instrument, nämlich für Flöte geschrieben. Sie erklang hier in einem Arrangement für Klarinette und Klavier.
Die „Fantasiestücke op. 73“ von Robert Schumann, mit denen Geigerin Anne Maria Wehrmeyer und Pianist Asen Tanchev das Programm eröffneten, gehören mit zu den schönsten Kammermusikstücken der Romantik überhaupt. Weich und geschmeidig klang die Violine hier, mit einer Qualität von verhaltenem Feuer, das in den drei ohne Pause aufeinander folgenden Sätzen immer offener zu Tage trat. Die junge Geigerin, 2000 in Berlin geboren, hat bereits zahlreiche Preise bei renommierten Wettbewerben erhalten und zeigte hier mit dem Ensemble Ambra eine wunderbar reife Musikalität und einen überaus wandlungsfähigen und kraftvollen Ton, der sich in der für Geiger etwas schwierigen Akustik der Mälzerei sehr gut behaupten konnte. Die kongeniale subtile Begleitung von Asen Tanchev am Klavier tat dazu ihr Übriges: Auch er war bereits sehr jung, mit erst 15 Jahren, Sieger beim Internationalen Tschaikowski-Wettbewerb in Moskau und zählt heute zu den Stars der jungen Szene, als Solist und als begehrter Partner in mehreren Kammermusik-Formationen. Sein Spiel ist elegant, sehr klar und wunderbar transparent, Dank seiner Sensibilität ergab sich ein überaus stimmiges Zusammenspiel sowohl mit der Violine als auch mit Žilvinas Brazauskas an der Klarinette im zweiten Werk des Abends, der Prokofiew-Sonate. Den beiden Musikern gelang hier eine atmosphärische, sehr intensive Interpretation, bei der sich die Zuhörer ganz in die Musik fallen lassen konnten – um inneren Bildern nachspüren wie im langsamen 3. Satz oder auch den spritzigen Humor zu genießen, der im Finale „Allegro con brio“ plötzlich aufsprudelt.
Zur zweiten Konzerthälfte nach der Pause meldeten sich die drei Musiker dann gemeinsam zurück auf der Bühne. In Brahms' Es-Dur-Trio, gespielt in einer eigenen Bearbeitung für Violine, Klarinette und Klavier von Ž. Brazauskas und A. Tanchev, entspann sich zwischen ihnen ein Zusammenspiel von großer Intensität, die einen mächtigen Sog entwickeln konnte. Zum Beispiel im „Adagio mesto“, das die drei in einem wunderschönen, sehr langsamen Tempo musizierten, blieb der innere Puls wie in einem gravitätischen Trauermarsch bis zum „morendo“ am Schluss deutlich spürbar – sehr beeindruckend! Im letzten Satz dann – angeführt vom Klavier – durften dann alle drei aus sich heraus gehen und die zuvor so lange umsichtig kontrollierte Energie fließen lassen. Mit einem heiteren, temperamentvollen Finale beschloss das Ensemble Ambra, das sich übrigens nach der geheimnisvollen Duftessenz aus dem Meer benannt hat, diesen Abend und verabschiedete sich mit einer schwungvollen Zugabe aus der Suite von Darius Milhaud für Klarinette, Violine und Klavier von den begeisterten Zuhörern, die jetzt bis zum 13. Oktober auf das nächste Konzert in der neuen Saison der Klassischen Konzerte warten müssen.