Mit einem Wort: Elektrisierend! - Konzertgemeinde Mosbach e.V.

Mit einem Wort: Elektrisierend!

Voller Elan und echter Spielfreude musizierten die Heidelberger Sinfoniker im Rahmen der Reihe „Mosbacher Klassische Konzerte“ in der Alten Mälzerei. Foto: Pia GeimerDie Heidelberger Sinfoniker und ihr neuer Chefdirigent Johannes Klumpp sind ein Phänomen

Wenn es im Publikum und auf der Bühne gleichermaßen knistert und funkelt, dann gehört ein Konzert sicher zu den ganz besonderen Gelegenheiten, die man auch als fleißiger Konzertbesucher nicht wirklich oft erleben darf. Beim Gastspiel der Heidelberger Sinfoniker in Mosbach war dieses Knistern mehr als deutlich zu spüren. Das lag definitiv nicht nur an der langen konzertlosen Zeit, die die Zuhörer hungrig auf Musik und besonders empfänglich dafür machte. Denn was diese 18 Musiker mit ihrem neuen Chefdirigenten Johannes Klumpp da auf die Bühne der Alten Mälzerei zauberten, ist tatsächlich phänomenal: So geschlossen, so vollkommen transparent, dabei aber ohne eine Spur von seelenloser Perfektion, sondern voller Elan und echter Spielfreude wurde da musiziert, dass es eine wirkliche Freude war, dem Orchester dabei zu folgen.

Befeuert wird all dies durch den Mann am Pult, der mit seinen expressiven Gesten offenbar nicht nur jeden einzelnen seiner Musiker zu persönlicher Höchstleistung inspiriert, sondern dabei auch die Musik für seine Zuhörer quasi illustriert und kommentiert. Und das beherrscht Johannes Klumpp nicht nur mit seinem Dirigat, sondern virtuos auch mit Worten. Seine ebenso differenzierten wie humorvollen Einführungen zum Programm sprühten nur so vor Energie und einem ansteckenden Enthusiasmus, der auch im Publikum die Vorfreude auf das Kommende steigen ließ.

Die Einspielung aller 107 Sinfonien von Joseph Haydn (1732-1809) ist ein Herzensprojekt des Orchesters, das unter der Leitung seines Gründers und ersten Chefdirigenten Thomas Fey begonnen hatte und jetzt von Johannes Klumpp weitergeführt wird. Für dieses Programm hatte man drei recht frühe Sinfonien ausgewählt, in denen bereits Haydns Originalität und Experimentierfreude aufscheinen: Die Sinfonie Nr. 3 in G-Dur schrieb er 1761 als Kapellmeister in Lukavec, die beiden anderen – Nr. 14 in A-Dur und Nr. 12 in E-Dur – entstanden in den beiden darauf folgenden Jahren nach seiner Übersiedelung nach Eisenstadt, wo Haydn am Hof der Fürstenfamilie Esterházy dreißig musikalisch äußerst fruchtbare Jahre erleben sollte. Was uns heute so vertraut wirkt an diesen galanten, von höfischer Eleganz geprägten frühen Sinfonien, war zu jener Zeit pure Avantgarde. Die klassische Sinfonie als Genre nahm tatsächlich mit Haydn ihren Anfang; er wurde damit zum Wegbereiter für Mozart, Beethoven und die frühe Romantik. Und wer könnte das besser hörbar machen als die Heidelberger Sinfoniker, die diese Musik mit so viel Herzblut spielen.

Dieses Konzert war wieder einmal ein prachtvolles Beispiel dafür, dass „authentisches“ Musizieren nicht zwingend mit Darmsaiten und Barockbögen passieren muss. Bis auf eine bedeutsame Ausnahme – die beiden ventillosen „historischen“ Hörner verliehen dem Ganzen eine besondere, warme Klangfarbe – war das Orchester an diesem Abend durchweg auf modernem Instrumentarium unterwegs. Es ist sozusagen weniger die Hardware, die diese spezielle Klangqualität erzeugt, sondern die Software im Kopf der beteiligten Musiker. Und das zeigten die Heidelberger Sinfoniker hier auf beeindruckende Weise: Vollkommen ohne Vibrato mit perfekter Intonation zu spielen – Kenner wissen, wie heikel das bei einer so kleinen Besetzung werden kann – ist nur ein Aspekt. Aber diese Myriaden von fitzeligen Streicherfiguren bei teils teuflisch flotten Tempi so blitzsauber zusammen abzuliefern … Hut ab! Das war einfach großartig, frisch und stringent musiziert, mit voller Konzentration bis zum letzten Akkord der Zugabe.

Obwohl Johannes Klumpp und seine Truppe beim 20-Uhr-Konzert bereits eine Aufführung um 18 Uhr in den Knochen hatten, war ihnen keinerlei Müdigkeit anzumerken – nur die pure Freude, endlich wieder vor Publikum zu spielen und diese wunderschöne Musik zu genießen. Am Ausgang wurden sie dafür mit einem herzlichen Extra-Applaus von den begeisterten Zuhörern verabschiedet, die sich an dieses Konzert sicher mit großer Dankbarkeit erinnern werden.

© Rhein-Neckar Zeitung | Mosbacher Nachrichten | REGION MOSBACH | 5 | Montag, 12. Juli 2021

Mosbacher Klassische Konzerte