Das „Bartholdy Quintett“ beendete die Saison der Klassischen Konzerte mit feiner Kammermusik
Dass eine anständige Rockband aus fünf Leuten bestehen muss, weiß man spätestens seit Frank Goosen. Auch in der klassischen Kammermusik ist ein Quintett aus Bläsern eine Standardformation, für die unglaublich viel tolle Musik geschrieben wurde. Weniger bekannt ist die Besetzung mit fünf Streichern, aber gerade dieses fünfte Instrument – manchmal ist es ein zweites Cello, manchmal eine zweite Viola – erschließt im Vergleich zum gängigeren Streichquartett spannende klangliche Möglichkeiten. Diesem kleinen, aber feinen Repertoire hat sich das „Bartholdy Quintett“ verschrieben, das am Freitagabend in der fast ausverkauften Mälzerei zu Gast war. Im Mendelssohnjahr 2009 haben Ulf Schneider und Anke Dill (Violine), Barbara Westphal und Volker Jacobsen (Viola) und Gustav Rivinius (Violoncello), die alle Professuren an bedeutenden Hochschulen haben und mit verschiedenen preisgekrönten Kammermusik-Formationen unterwegs sind, sich als festes Quintett zusammengetan, um sich den im Konzertbetrieb oft etwas stiefmütterlich behandelten Repertoire zu widmen. Dabei regen sie auch immer wieder zeitgenössische Komponisten an, Neues für das Bartholdy Quintett zu schreiben.
Der erste Komponist, der sich überhaupt mit der Gattung Streichquintett befasste, war W.A. Mozart. Sein D-Dur Quintett KV 593 hat er noch selbst mit seinem Vorbild Joseph Haydn gespielt, wahrscheinlich an der Bratsche. Die 1. Viola setzt Mozart im Quintett gerne in einen intensiven Dialog mit der 1. Violine, ihre Stimme ist oft auch genauso virtuos geführt wie diese. Während das c-moll und auch das g-moll-Quintett ernst und fast ein bisschen tragisch wirken, ist das D-Dur ein heiteres, durch und durch sonniges Stück. Die Leichtigkeit und Fröhlichkeit, mit der das Bartholdy Quintett hier agierte, darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass das Stück keineswegs leicht zu spielen und ausnehmend filigran und raffiniert gearbeitet ist. Man spürt, dass hier nicht einfach fünf versierte Solisten, sondern fünf ausgeprägte Kammermusiker wirklich gemeinsam musizieren, die jederzeit mit einem aufmerksamen Blick und einem wachen Ohr bei den Kollegen sind.
Beides war natürlich besonders wichtig in dem folgenden zeitgenössischen Werk von Robert Krampe (*1980). Bratschist Volker Jacobsen gab vorab eine hilfreiche Erläuterung zu dem etwa 20 Minuten dauernden dreisätzigen Stück, in dem Fragmente aus Gustav Mahlers unvollendet gebliebener 10. Sinfonie verarbeitet wurden. „Mein Saitenspiel“ war Mahlers Kosename für seine Frau, seine letzte Sinfonie ein anrührender Abschied von ihr und vom Leben selbst. Unverkennbar zeitgenössisch ist Robert Krampes Tonsprache, aber die Musik ist für einen unvoreingenommenen Zuhörer nicht „schwierig“ oder gar verstörend wie manch andere neue Musik. Streicherische Klangfarben und ästhetische Verfremdungseffekte werden klug eingesetzt, die Musiker spielen einander zu, was natürlich live besonders spannend ist, wenn man sie dabei auch sehen kann. Also keine Angst vor Zeitgenossen - die akademische Ruppigkeit in der Musik scheint vorbei, die Moderne ist zugänglicher geworden. „…mein Saitenspiel“ jedenfalls ist ein wunderbarer Neuzugang im Repertoire.
Herrliche, saftige Romantik erwartete die Zuhörer danach in Antonín Dvořáks Es-Dur-Quintett op. 97, das ein bisschen an sein berühmtes „Amerikanisches“ Quartett erinnert. Beim Bartholdy Quintett wechseln Ulf Schneider und Anke Dill und auch die beiden Bratscher Barbara Westphal und Volker Jacobsen einander in der 1. und 2. Stimme ab, was immer wieder einen etwas anderen Klangcharakter ergibt. Dadurch bleibt es für die Musiker selbst, aber natürlich auch für die Zuhörer sehr spannend, was auch an diesem wunderschönen Kammermusikabend aufs Publikum überzuspringen schien. Als Zugabe gab es noch das schwungvolle Menuett aus dem Es-Dur Quintett von Mozart mit auf den Heimweg.