Mosbach. Die immer mit interessanten und künstlerisch hochklassigen Interpreten aufwartende Reihe der „Mosbacher Klassischen Konzerte“ präsentierte am vergangenen Donnerstag einen Klavierabend mit der polnischen Pianistin Ewa Kupiec.
Saison 2010/2011. Sie ist vor allem durch ihre Einspielungen zeitgenössischer Klaviermusik bekannt geworden, wobei ihr die polnische Musik des 20. Jahrhunderts ein besonderes Anliegen ist. Ihr Programm in der Alten Mälzerei war denn auch sozusagen eine nationale Angelegenheit: Klavierwerke von Frédéric Chopin (1810-1849), die zumeist in seiner kreativsten und produktivsten Lebensphase um 1830 herum komponiert wurden, umrahmten die 1952 entstandene 2. Klaviersonate der polnischen Komponistin Grazyna Bacewicz (1909-1969).
Die erste Hälfte des Abends begann noch recht unspektakulär mit Chopins „Prélude cis-moll“ op. 45, hier sachte, fast introvertiert gespielt. Ewa Kupiec musizierte mit spürbarer, aber gebändigter Kraft, ließ ihrem musikalischen Temperament niemals völlig die Zügel schießen. Ihr Spiel wirkte unaufdringlich und dennoch intensiv.
Mag sein, dass in dieser ersten Hälfte zunächst etwas von der schwerelosen Leichtigkeit fehlte, die man auch mit Chopins Klaviermusik verbinden kann, aber die „vier Mazurken“ op. 41 luden vielleicht auch nicht wirklich zum Abheben ein, sondern bleiben mit ihren folkloristisch anmutenden Punktierungen bewusst auf dem Boden traditioneller Volksmusik. Der Mazurka und anderen Nationaltänzen hat Chopin durch seine pianistische Umsetzung neue Eleganz verliehen und sie in der Kunstmusik etabliert.
Im „Walzer in As-Dur“ op. 43 kam dann eine größere spielerische Freiheit zum Ausbruch, die am Ende spontanen Applaus auslöste. Chopin hat über seine Walzer selbst gesagt, sie seien „nicht Tänze des Körpers, sondern der Seele“ – man konnte das nachvollziehen. Auch die nachfolgende „Tarantella As-Dur“ op. 43 basiert auf einem Volkstanz, diesmal aus Süditalien. Die Pianistin machte daraus kein fiebrig-rasantes Virtuosenstück, sondern blieb auch hier erdverbunden, mit klarer rhythmischer Struktur.
Einen echten Kontrast zu Chopins liedhafter Melodik und zart leuchtenden Klangfarben bildete die 2. Sonate von Grazyna Bacewicz. Eher monochrom in seiner Harmonik, manchmal gar kompromisslos nüchtern klingt das Maestoso des ersten Satzes. Basslastige, wie mit dem breiten Pinsel gezogene Flächen wechseln mit feingliedrigen, fast kubistisch wirkenden Motivmustern ab. Im langsamen Mittelsatz mit seiner bewussten harmonischen Reduktion wurde man zuweilen an Eric Satie erinnert, die vorandrängende Beharrlichkeit, die Ewa Kupiec hier gekonnt herausarbeitete, erzeugte aber gleichzeitig eine große atmosphärischen Dichte, die sich auch in der abschließenden Toccata mit ihrer Bartok-ähnlichen Motivik fortsetzte.
Mit Chopins zwei „Nocturnes“ op. 48 und der „Barcarolle“ Fis-Dur op. 60 fand das Programm schließlich doch zu jener träumerischen – für Chopin charakteristischen – Lebendigkeit. Wirkte die erste Hälfte noch etwas fragmentiert durch die vielen kurzen Stücke, entwickelte sich der zweite Teil ganz natürlich in größeren Zügen.
Mit der „Grande Polonaise Brillante“ op. 22 – einem wahren „Tastenfest“ für Pianisten – setzte Ewa Kupiec einen glanzvollen Abschluss unter ihr Programm. Ihre beiden Zugaben, der wunderschön gespielte schlichte „Valse“ in a-moll und ein weiteres „Nocturne“ in cis-moll rundeten einen Klavierabend ab, der nicht die ganz bekannten großen Werke Frédéric Chopins präsentierte, aber doch sehr charakteristische Auszüge seines Schaffens zeigte und mit Grazyna Bacewiczs Klaviersonate auch einen interessanten Einblick in die zeitgenössische polnische Musik gewährte.
Bild & Text: Pia Geimer