Das grandiose „Fauré-Quartett“ eröffnete die Mosbacher Klassischen Konzerte mit Enescu und Schubert
Saison 2011/2012. Zum Auftakt der neuen Saison der Klassischen Konzerte konnte in diesem Jahr wieder ein herausragendes Kammermusikensemble gewonnen werden. Das Fauré-Quartett mit Erika Geldsetzer (Violine), Sascha Frömbling (Viola), Konstantin Heidrich (Violoncello) und Dirk Mommertz (Klavier) hat sich seit seiner Gründung im Jahre 1995 zu einer der renommiertesten deutschen Kammermusikformationen entwickelt. Ihre CD-Produktionen wurden mit zahlreichen Preisen gefeiert, darunter dem begehrten ECHO-Klassik für ihre Einspielung der Brahms-Quartette und die CD „Popsongs“.
Das Fauré-Quartett hat keinerlei Berührungsängste mit irgendeiner Musik, die je für diese Besetzung komponiert wurde und präsentiert gerne auch einmal unbekanntere Werke. In diesem Jahr hatten sie das „Klavierquartett Nr. 1 D-Dur op. 16“ des rumänischen Komponisten und Geigers George Enescu (1881-1955) mitgebracht. Dem Ensemble liegt Enescus melodiös-spätromantische Tonsprache in besonderer Weise, denn der Klang des Fauré-Quartetts ist filigran wie ein aus feinen Goldfäden gesponnenes Gewebe und gleichzeitig hochintensiv, mal ganz zart und mal sehr kraftvoll - und wirkt dabei doch immer ganz leicht und selbstverständlich.
Welche Meisterschaft hinter diesem grandiosen Klang steckt, ahnte man bereits in den ersten Takten, denn die behutsamen Bögen, die die vier Musiker hier spannen, ließen sofort atemlose Spannung entstehen. Sogar die Akustik der Mälzerei, die immer etwas undankbar für die Geiger ist, ließ Erika Geldsetzers wunderschöne Höhe ungehindert leuchten. Sascha Frömbling entlockte der Viola aufregende Klangfarben, während Konstantin Heidrich am Violoncello sich mit seinem kraftvollen Ton als höchst energischer Kontrapunkt betätigte. Die drei Streicher waren dank der Transparenz von Dirk Mommertz’ ebenso virtuosem wie umsichtigem Klavierspiel überall ausgezeichnet zu hören. George Enescu hat sich in vielen seiner Werke von der Volksmusik seiner rumänischen Heimat inspirieren lassen. Auch in seinem 1. Klavierquartett finden sich folkloristische Elemente, vor allem im rasanten dritten Satz, hinter dessen lapidarem Titel „Vivace“ sich ein sehr temperamentvolles Finale verbarg, mit dem das Fauré-Quartett die erste Programmhälfte zu einem fulminanten Abluss brachte.
Nach der Pause erwartete die Zuhörer eines der bekanntesten Kamermusikwerke aus der Feder Franz Schuberts (1797-1828), das sogenannte „Forellenquintett“. Auf Wunsch eines befreundeten Amateurcellisten hatte Schubert die übliche Klavierquartettbesetzung um einen Kontrabasspart erweitert und damit den Kontrabassisten der Nachwelt ein wunderbares Geschenk gemacht. Zum Fauré-Quartett gesellte sich hier der Kontrabassist Wolfgang Güttler, der mit dem Ensemble bereits häufiger zusammengearbeitet hat. Was diese fünf Musiker gemeinsam auf die Bühne zauberten, war an purer Spielfreude, kreativer Leichtigkeit und unglaublicher Präzision kaum zu überbieten. Auch der namensgebende Variationensatz, in dem das Thema aus Schuberts Lied „Die Forelle“ durch alle Stimmen geführt wird, klang wie frisch ausgepackt, als hätte man es noch nie gehört. Bei soviel traumhafter Sicherheit tanzt auch ein Kontrabass. Selbstverständlich durften die Musiker nach einem begeisterten und lang anhaltenden Applaus nicht ohne Zugabe gehen. Und die Zugabe, die sie im Gepäck hatten, hatte es in sich.
Das „Ballett der Küchlein in ihren Eierschalen“ aus Mussorgskys „Bildern einer Ausstellung“, hier „quasi improvisando“ mit vollem Einsatz aller Beteiligten gespielt, erwies sich als unglaublich witziges Miniaturstück, ein ausgelassener musikalischer Spass mit dem Kontrabass in der Rolle eines entfesselt gackernden Huhns - seine Premiere als Federvieh, wie Wolfgang Güttler später augenzwinkernd bemerkte. Das Publikum verließ die Alte Mälzerei jedenfalls in dem Bewusstsein, hier ein Ensemble der absoluten Spitzenklasse erlebt zu haben!