Die „Klassischen Konzerte“ starteten in die neue Saison mit dem hinreißenden „Trio Gaspard“
Auch wenn es diesmal vor dem Kunstgenuss noch ein wenig Bürokratie zu bewältigen gab, der Aufwand war es absolut wert. Wer sich durch die 3G-Registrierung am Eingang nicht vom Besuch hatte abschrecken lassen, der wurde beim ersten „Klassischen Konzert“ der neuen Saison mit einem überaus intensiven und beglückenden Musikerlebnis belohnt. Zu Gast war eines der profiliertesten Klaviertrios der jüngeren Generation: Seit gut 10 Jahren musizieren Jonian Ilias Kadesha (Violine), Vashti Hunter (Violoncello) und Nicholas Rimmer (Klavier) auf atemberaubendem Niveau als „Trio Gaspard“ zusammen. Neben ihrem breit angelegten Repertoire, das ihre Vielseitigkeit und Experimentierfreude spiegelt, widmen sich die drei zur Zeit einem besonderen Herzensprojekt, der Gesamteinspielung aller 46 Klaviertrios von Joseph Haydn (1732-1809). Von denen waren an diesem Abend gleich zwei Programm, dazu das Klaviertrio op. 15 von Bedrich Smetana (1824-1884) und zwei kurze Stücke aus der Feder der Komponistin Lili Boulanger (1893-1918).
Wer als ambitionierter Amateur sich jemals an ein Klaviertrio gewagt hat, der weiß: Das ist eine ganz besondere kammermusikalische Herausforderung. Anders als beispielsweise im Streichquartett spielen beim Klaviertrio eigentlich drei Solisten miteinander - jeder einzelne exponiert wie bei einem Solokonzert und doch auch verantwortlich für die sensible Balance, die es gemeinsam zu finden gilt. Keinesfalls darf der Pianist die zarteren Klänge der beiden Streicher übertönen. Nicholas Rimmer macht genau das fantastisch, er ist bei aller Virtuosität und solistischer Präsenz leichtfüßig wie auf Katzenpfoten am Flügel unterwegs, immer mit mindestens einem Ohr bei seinen Kollegen. Und für Jonian Kadesha und Vashti Hunter gilt Selbiges - die drei Musiker schwingen tatsächlich gemeinsam, scheinen zuweilen zu dritt zu tanzen. Obwohl man durchaus bei jedem von ihnen einen eigenen Stil, einen eigenen Charakter entdecken kann, verbindet sie als Trio eine tolle gemeinsame Energie und eine wunderschöne Achtsamkeit für das Ganze, die ständig wechselnden Rollen. Aufregend, welch hohes Risiko das Trio beim Musizieren eingeht, und der Mut, auch einmal etwas Unerwartetes zu wagen. Vor allem bei Geiger Jonian Kadesha, der gelegentlich einen gesunden Spritzer wilder Abenteuerlust beisteuerte, war das zu hören. Keine Angst, dass in der Live-Situation irgendetwas nicht gelingen könnte - die drei spielen technisch absolut makellos und mit einer erfrischend unkonventionellen Herangehensweise, die sowohl bei Haydn, als auch bei den beiden späteren Werken in diesem Programm ausnehmend gut funktionierte.
Von HaydnsTrio Nr. 29 in Es-Dur ging es weiter zu der hochbegabten Komponistin Lili Boulanger (1893-1918), die trotz ihrer fragilen Gesundheit bis zu ihrem tragisch frühen Tod mit nur 25 Jahren unermüdlich komponierte. Sie wusste wohl, dass ihre Zeit begrenzt war und diese leise Traurigkeit spürte man auch in „D'un soir triste“ und „D'un matin printemps“, zwei berührende musikalische Miniaturen von eigentümlichem, impressionistisch anmutendem Charme. Rund 100 Jahre liegen zwischen Boulanger und Joseph Haydn, der das Klaviertrio als Genre quasi aus der Taufe gehoben und sein langes Leben hindurch weiter verfeinert hatte. Im Trio Nr. 21 in C-Dur zeigt sich der verblüffende Einfallsreichtum, der Haydns späte Klaviertrios auszeichnet. Hier zwitscherten Geige und Cello um die Wette, lebhaft und virtuos angetrieben vom Klavier – Triospiel in Perfektion!
Tragik steckte auch in dem letzten Werk nach der Pause: Smetanas g-moll Klaviertrio entstand unter dem Eindruck des Todes seiner vierjährigen Tochter. Trauer und zorniges Aufbegehren, aber auch Akzeptanz und Rückkehr ins Leben sind da zu spüren. Von Vashti Hunters fast überirdisch schönen, zarten Cellokantilenen bis hin zur fiebrigen Intensität des „Presto“ kam auf packende Weise das romantische Ausdrucksspektrum des „Trio Gaspard“ zum Einsatz. Ein wunderbarer Abschluss dieses Programms, das mit einem pfiffigen Haydn-Triosatz als Zugabe ausklang.