Alban Gerhardt (Violoncello) und Anne-Marie McDermott (Piano) boten Kammermusikkunst vom Allerfeinsten
Dass man bei den „Klassischen Konzerten“ auf absolute Weltklassemusiker treffen kann, dürfte sich inzwischen nicht nur in der Mosbacher Konzertgemeinde herumgesprochen haben. Und so verzeichnen neben den Publikumsrennern, den Orchesterkonzerten, auch die Kammermusikabende der Reihe stetig wachsende Zuschauerzahlen. Nach dem jungen spanischen Azahar-Bläserquintett im November waren in dieser Woche mit dem deutschen Cellisten Alban Gerhardt und der amerikanischen Pianistin Anne-Marie McDermott erneut zwei Musiker von internationalem Rang zu Gast. Ein ungewöhnliches Programm abseits des bekannten klassisch-romantischen Cellorepertoires hatten die beiden mitgebracht. Mit Samuel Barber (1910-1981), Benjamin Britten (1913-1976), Lukas Foss (1922-2008), Leonard Bernstein (1918-1990), George Gershwin (1898-1937) und Astor Piazzolla (1921-1992) widmeten sie sich an diesem Abend ausschließlich Musik des 20. Jahrhunderts.
Vom ersten Ton an war man gepackt, ja geradezu hypnotisiert von dem reichen, ungeheuer intensiven Celloklang, mit dem Alban Gerhardt musiziert. Kein Notenständer bildet eine Barriere zwischen ihm und dem Zuhörer, er spielt komplett auswendig - was eher unüblich ist bei Kammermusik, aber das Zuschauen um so vieles spannender macht. Denn die Eleganz und sensible Gestaltung, die sein Spiel auszeichnet, ist nicht nur akustisch, sondern auch optisch fesselnd. Tatsächlich sieht man fast nicht, wie genau er es macht, alle Bewegungen sind völlig unprätentiös und auf das Nötige beschränkt, aber welcher Farbenreichtum, welche Zartheit und Kraft sich in diesem Celloton offenbarte, das war ein ganz eigenes faszinierendes Klanguniversum, in das man eintauchen durfte.
Mit ihrem temperamentvollen Spiel erwies sich Anne-Marie McDermott am Flügel als kongeniale Partnerin. Auch sie verfügt über eine spektakuläre Technik und einen filigranen, variablen Anschlag und tritt mit ihrer insgesamt etwas extrovertierteren Ausstrahlung in einen reizvollen Dialog mit Alban Gerhardts tiefgründigem, von innen heraus leuchtendem Klang. Aufregend, wie die beiden manchmal zarteste Schlusstöne ins Nichts verklingen ließen und danach sekundenlang atemlose Stille im Publikum herrschte.
Der Kontrast von spätromantischem Melos mit düsteren, fast fahlen Farben und unterschwelliger Tragik zeigte sich besonders eindrucksvoll in der Sonate c-moll op. 6, die Samuel Barber bereits mit 22 Jahren komponiert hatte. Einen echten Achttausender für Cellisten stellt die Sonate C-Dur op. 65 von Benjamin Britten dar, deren fünf Sätze gespickt sind mit allerlei Höchstschwierigkeiten. Die absolute Leichtigkeit, mit der die beiden Musiker technisch aus dem Vollen schöpfen konnten, zeigte sich auch in dem knackigen „Capriccio“ des 1933 nach USA emigrierten jüdischen Komponisten Lukas Foss und den von Leonard Bernstein selbst für Cello bearbeiteten „Meditationen“ aus seinem Musiktheater „Mass“.
Gar nicht mehr so ernst ging es danach zu bei den drei „Präludien“ von George Gershwin, hinter denen sich ein Charleston, ein Foxtrott und ein Blues mit Anklängen an „Porgy & Bess“ verbergen. Im letzten Stück zeigten sich Alban Gerhardt und Anne-Marie McDermott als perfekte Tanzpartner und steuerten den berühmten „Grand Tango“ von Astor Piazzolla schwungvoll und leidenschaftlich ins Ziel.
Damit endete ein beeindruckend gemeisterter Kraftakt für Mensch und Material (der Cellobogen z.B. musste zahlreich Haare lassen im Verlauf des Abends) und das Konzert klang mit Sergej Prokofievs Marsch „Liebe zu den 3 Orangen“ als Zugabe witzig und leichtfüßig aus.