Die beiden Gambistinnen Hille und Marthe Perl verzauberten mit ihrem Programm „Elements“
Die Klassischen Konzerte bieten nicht nur Kammermusik, sondern warten ab und an mit besonderen Programmen etwas abseits des üblichen Konzertbetriebs auf. Am Samstagabend waren zwei charmante Musikerinnen in der Mälzerei zu Gast, die vor allem den Fans der Alten Musik ein Begriff sind: Hille und Marthe Perl sind als geniales Mutter-Tochter-Gespann mit einem reizvollen und einzigartigen Repertoire für Viola da Gamba unterwegs: Hinter dem Titel „Elements“ verbirgt sich eine Kombination von Gambenmusik aus dem 16. und 17. Jahrhundert, Eigenkompositionen von Marthe Perl und Folkstücken, die die beiden für sich selbst arrangiert haben.
Im lockeren Gespräch mit Christof Roos konnten sich die Besucher von den beiden sympathischen Künstlerinnen vorab schon einmal einstimmen lassen auf einen Abend mit einem faszinierenden Instrument, das mit seinem sanften Klang wie geschaffen scheint für die melancholische Musik der Renaissance, das in fähigen Händen aber auch eine verblüffende Power entwickeln kann.
Aufgebaut ist das Programm „Elements“ in vier Abschnitte, die jeweils den vier Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde zugeordnet sind. Jeder Abschnitt startet mit einem „Prelude“, komponiert von Marthe Perl, die damit quasi ihr Opus 1 als Komponistin vorgelegt hat. In diesen vier Preludes hat sie eine visuelle Vorstellung des jeweiligen Elementes in Musik gesetzt: Man hört das Lodern und Flackern des Feuers, das Fließen und Tropfen des Wassers, das schwerelose Schweben der Luft und das Gewicht der Erde, die mit einer absteigenden Chromatik den Hörer sanft einhüllt – vier entzückende kleine Kompositionen, die mit den aufregenden klanglichen Möglichkeiten der Gambe spielen und ihren Tonumfang nahezu komplett ausreizen. Marthe spielt eine filigran gebaute sechssaitige Bassgambe, Hille ein etwas größeres siebensaitiges Instrument mit einer zusätzlichen tiefen Saite. Die feine Musikalität und das gegenseitige Einfühlungsvermögen, das sich in ihrem Zusammenspiel offenbart, wirkt dabei wie aus einem Guss. Ein Blick zwischen ihnen, ein kleines Lächeln hier und da – die beiden sind unverkennbar ein grandioses Team auf der Bühne!
Beinahe alle Stücke in diesem Programm stammten von Komponisten, die auch selbst Gambisten waren und mit den Besonderheiten des Instruments bestens vertraut: Tobias Hume (1569-1645), John Dowland (1563-1626), Marin Marais (1656-1728) und der etwas rätselhafte Monsieur de Sainte Colombe (gest. um 1700). Auf ihn geht vermutlich die Hinzufügung der siebenten Saite auf der Bassgambe zurück, die zuvor wie ihre kleineren Geschwister in Diskant- oder Altlage nur sechs Saiten hatte. Für die Sololiteratur mit ihrem ausgeprägten Akkordspiel setzte sich die siebensaitige Version durch und das konnte man bei diesem Programm in wahrer Vollendung erleben, unter anderem bei den von Hille Perl arrangierten Folkstücken im „feurigen“ ersten Teil, die in einen spritzigen Fandango mündeten. Das Wasser im zweiten Teil symbolisierte natürlich die „Lachrimae“, die Tränen, die in vielen Liedern und Instrumentalstücken jener Zeit immer wieder so herrlich melancholisch anklingen. Nach all dem Klagen und Lamentieren gab es aber vor der Pause noch einen Ausflug in Sainte-Colombes Weinberg, denn auch Wein besteht ja letztlich aus Wasser.
luftige Element war dann vorwiegend Marin Marais gewidmet, einem Schüler von Sainte-Colombe, dessen Musik in dem Film „Die siebente Saite“ eine große Rolle spielt. Wie Federbälle flogen die Motive zwischen Marthe und Hille hin und her, während die beiden mit dem letzten Element „Erde“ einen überraschend stimmigen Bogen schlugen vom Frühbarock zu Francis Poulenc (1899-1963). Beim abschließenden Variationenfeuerwerk bei „Faronell's Divisions upon a Ground“ von Michel Farinel (1649-1726) konnte man bei Hille Perl die wahrscheinlich flinkste und virtuoseste Bogenhand der Welt noch einmal in voller Aktion erleben, zur Freude der begeisterten Zuhörer in der Mälzerei, unter denen an diesem Abend sicherlich einige neue Fans für die Viola da Gamba gewonnen wurden. Zum Abschied gab es von den beiden Künstlerinnen noch einen Satz aus einer Hille Perl gewidmeten Suite von der amerikanischen Komponistin Martha Bishop als Zugabe mit auf den Heimweg.