Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn konzertierte mit der Geigerin Alina Pogostkina
Saison 2009/2010. Es hat schon eine gewisse Tradition, dass den Auftakt der Mosbacher Klassischen Konzerte ein großes Orchesterkonzert bildet. Der Konzertgemeinde Mosbach und ihrem Vorsitzenden Christof Roos gelingt es immer wieder, namhafte Orchester und herausragende Solisten hierher in die Mälzerei zu locken. Im diesjährigen Eröffnungskonzert standen mit Beethovens Violinkonzert in D-Dur und der 7. Symphonie gleich zwei der bekanntesten und bedeutendsten Werke der Klassik auf dem Programm. Mit der jungen Geigerin Alina Pogostkina konnte eine der international gefeierten „neuen Geigerinnen“ als Solistin gewonnen werden.
Das Württembergische Kammerorchester Heilbronn unter seinem Dirigenten Ruben Gazarian war in symphonischer Besetzung mit Bläsern und Pauken angereist. Bereits der erste Bläsereinsatz nach den dezenten vier Paukenschlägen in den ersten Takten des Violinkonzerts überzeugte mit bestechender Intonationssicherheit und wohlausgewogener Balance. In einem langen Vorspiel bereitet das Orchester den Einsatz des Solisten vor, steht quasi Spalier, bis endlich die Solovioline mit ihren berüchtigten Oktavenaufgängen einsetzt.
Alina Pogostkina brachte vom ersten Moment an ihre Stradivari zum Strahlen. Blitzsauber, ein brillanter, klarer und tragfähiger Ton in allen Lagen und ein besonders hinreißendes piano, das sich mühelos neben dem vom Orchester durchaus eigenständig verfolgten Spannungsbogen behaupten konnte. In den aufwendig auskomponierten und technisch sehr anspruchsvollen Kadenzen von Joseph Joachim kann – und muss – ein Geiger zeigen, was alles machbar ist auf seinem Instrument. Die Kadenzen sind ein virtuoser Mikrokosmos innerhalb des Konzertes, kommentieren und entwickeln das thematische Material der eigentlichen Sätze weiter. Es zeigte Pogostkinas Klasse, dass sie sich bei aller technischen Finesse niemals gehen ließ, immer voll konzentriert mit Herz und Verstand zur Sache ging. Eine eindrucksvolle Performance!
Das Orchester begleitete bemerkenswert stringent und präzise und meisterte die vielen, wegen der typisch klassischen Transparenz manchmal heiklen Passagen hervorragend. Vor allem das abschließende Rondo, das ohne Übergang auf den feierlich-langsamen Mittelsatz folgt, gestalteten Solistin und Orchester in flottem Tempo gemeinsam zu einem fröhlich-temperamentvollen Höhepunkt.
Beethovens „Siebte“ ist im Gegensatz zu seinen anderen Symphonien von stilisierten Tanzrhythmen geprägt. Richard Wagner nannte sie daher einmal eine „Apotheose des Tanzes“, also eine Verherrlichung des Tanzes. Tatsächlich haben alle vier Sätze einen tanzartigen Charakter. Am auffälligsten ist aber sicherlich der grandiose 2. Satz, der anfangs wie eine feierliche Pavane gemessen einherschreitet, sich dann aber langsam und unaufhaltsam zu einem mächtigen Fortissimo steigert und nach und nach alle Stimmgruppen zu einem anrührenden Trauermarsch vereinigt. Beethoven kappt diese Stimmung abrupt mit einem quirligen Scherzo-Satz und lässt ohne merklichen Übergang den 4. Satz folgen.
Das Württembergische Kammerorchester und Dirigent Gazarian nahmen die originale Satzbezeichnung „Allegro con brio“ ganz wörtlich und wirbelten in einem mitreißenden Finish durch den rasanten Finalsatz. Ein großartiger Konzertabend ging damit zu Ende und ein gelungener Einstand in die neue Saison der Mosbacher Klassischen Konzerte.
Pia Geimer