Gelungene Premiere: Die Jenaer Philharmoniker waren erstmals zu Gast bei den „Mosbacher Klassischen Konzerten“
Einmal im Jahr erstrahlt die Alte Mälzerei akustisch in sinfonischer Pracht, wenn die Konzertgemeinde im Rahmen der „Mosbacher Klassischen Konzerte“ zum großen Orchesterkonzert einlädt. Ein Anlass, den sich die Klassikfans ungern entgehen lassen. Am Freitagabend war in dieser Reihe erstmals das Orchester der Jenaer Philharmonie unter seinem Chefdirigenten GMD Marc Tardue zu Gast. Gemeinsam mit dem Solisten Reinhold Friedrich (Trompete) präsentierten die Philharmoniker ein schön abgerundetes Programm, das gleichermaßen romantische Klangfülle wie filigranes Handwerk, virtuose Spielfreude, folkloristische Fröhlichkeit und innige Melancholie zu bieten hatte.
Die Ouvertüre zu Bedrich Smetanas Oper „Die verkaufte Braut“ als Eröffnungsstück ist ausgesprochen knifflig, weil man sozusagen aus dem Stand auf Betriebstemperatur kommen muss. Mit einem blitzsauberen Fugato der 2. Geigen, gefolgt von den 1. Geigen, Celli und Bratschen, gelang den Jenaer Philharmonikern ein Traumstart, knackig und präzise brachten sie das federleichte Kabinettstückchen auf die Bühne, das so viel böhmisches Lokalkolorit verströmt.
Mit „Blumine“ von Gustav Mahler er-klang ein wunderschöner Sinfoniesatz, der ursprünglich als Bühnenmusik zu Scheffels „Der Trompeter von Säckingen“ konzipiert worden war. Das erklärt auch die ungewöhnliche Verwendung einer Solotrompete (und eines begleitenden Posaunenterzetts), die wie von Ferne – für das Publikum unsichtbar draußen im Foyer – eine zarte, sehnsuchtsvolle Cantilene über den Orchestersatz spielten. Dirigent Marc Tardue löste die heikle Aufgabe, die Sologruppe draußen und sein Orchester auf der Bühne zu koordinieren, souverän und brachte beide klanglich perfekt zusammen.
Der Trompetensolist Reinhold Friedrich war gleich darauf noch einmal zu hören in dem folgenden Konzert für Trompete und Orchester des französischen Komponisten Henri Tomasi (1901-1971), das mit seinen jazzigen Anklängen ein wenig an George Gershwins „Rhapsody in blue“ erinnern mochte und im Solopart interessante Spielmöglichkeiten offenbarte. Friedrich wirkte ausgesprochen präsent und aktiv in der Mitte des Orchesters. Zuweilen fräste er Töne mit der Durchschlagskraft eines Schneidbrenners in den Raum, mit gleicher Intensität konnte er seinem Instrument aber auch extrem leise Klänge entlocken, vor allem in der ausladenden Kadenz, wo er gelegentlich von der kleinen Trommel, Harfe oder Celesta begleitet wurde.
Die zweite Hälfte des Abends nach der Pause gehörte Johannes Brahms (1833-1897) und seiner Sinfonie in C-Moll. Sein großer Respekt vor Beethovens sinfonischem Werk hatte Brahms lange davor zurückscheuen lassen, seine eigenen Ideen zu dieser 1. Sinfonie endgültig in die Tat umzusetzen. Erst nach 14 Jahren Arbeit daran schien sie ihm selbst reif zu sein, fertiggestellt und aufgeführt zu werden. Der mächtige Kopfsatz ist geprägt von großem Ernst, verstärkt durch ein pochendes Ostinato der Pauke. Liedhaft und melodiös dagegen sind die beiden mittleren Sätze mit ihren leuchtenden Farben. Großartige Soli von Oboe, Klarinette, Violine und Horn konnte man hier bewundern, alles mit wunderschöner Intensität, Präzision und Feinheit gespielt. Ein solistischer Paukenwirbel leitet den Finalsatz mit der markanten Alphornmelodie ein, die Brahms Jahre zuvor als musikalischen Gruß für seine Freundin Clara Schumann geschrieben hatte.
Es mag seinerzeit eine vermessene Forderung gewesen sein, von jeder Sinfonie nach Beethoven eine Weiterentwicklung der Neunten zu erwarten. Brahms’ sinfonischem Erstling jedenfalls sollte man diesen Vergleich ersparen und ihn einfach als wunderbare, einfallsreich komponierte Musik genießen. Das zumindest nahm man als Eindruck mit nach Hause nach diesem Konzert mit den prachtvoll musizierenden Jenaer Philharmonikern, die sich mit dem 1. Ungarischen Tanz als Zugabe verabschiedeten.
Bild und Text: Pia Geimer