Das junge „Cicerone Ensemble“ stellte Musik von Johann Sebastian Bach und seinen vier komponierenden Söhnen vor
Bei den „Klassischen Konzerten“ gibt es immer wieder herausragende Musiker zu hören, die am Anfang einer viel versprechenden Karriere stehen. Auch die drei jungen Herren des „Cicerone Ensembles“, das am Sonntag in der Alten Mälzerei zu Gast war, sind noch gar nicht so lange gemeinsam konzertierend unterwegs, haben sich aber schon für die Bundesauswahl Konzerte Junger Künstler (BAKJK) empfohlen. Thomas Wormitt (Traversflöte), Adrian Zygan (Barockcello) und Andreas Gilger (Cembalo) möchten Alte Musik nicht nur spielen, sondern sie verstehen sich als Vermittler, die ihre Zuhörer wie kundige Fremdenführer mitnehmen auf eine spannende Exkursion durch die Welt der Musik. Nicht umsonst bezeichnet „Cicerone“ genau den Typus des redegewandten italienischen Fremdenführers. Und so moderieren sie ihre Programme immer selbst und stellen natürlich dabei auch ihr besonderes Instrumentarium vor.
In dem aktuellen Programm widmeten sich einer Musikerfamilie, die wie keine andere die deutsche Musiklandschaft mitgeprägt hat: die Bachs. Von den 20 Kindern Johann Sebastian Bachs wurden vier Söhne ebenfalls Komponisten: Wilhelm Friedemann (1710-1784) in Halle, Carl Philipp Emanuel (1714-1788) in Potsdam und Hamburg, Johann Christoph Friedrich (1732-1795) in Bückeburg und Johann Christian (1735-1782) in Mailand und später in London. Vater Johann Sebastian (1685-1750) steht mit seinem Werk am Ende einer musikalischen Ära, die der Cembalist Andreas Gilger in seiner Moderation als „Zeitalter des Generalbass“ bezeichnete. Seine Söhne vollziehen einen Stilwandel, den Übergang vom Barock zur Früh-Klassik, Cembalo und Cello lösen sich aus ihrer bisherigen Rolle als begleitende Continuo-Gruppe und werden immer mehr zu gleichberechtigten, einander auf Augenhöhe begegnenden Partnern der Melodieinstrumente. Diesen Wandel konnten die Zuhörer hautnah miterleben in den Flötensonaten von Vater Bach und seinen vier Söhnen. Vollendet im alten Stil erklang die e-moll Sonate von Johann Sebastian für Flöte und Basso continuo, mit dem das Konzert begann. Aber bereits bei der F-Dur Sonate vom ältesten Sohn Wilhelm Friedemann spürt man bereits den neuen Geist. Cellist Adrian Cygan benutzte dafür ein Cello, das über den normalen vier Saiten eine hohe fünfte Saite besitzt, was dem Instrument einen reizvollen, in der Höhe fast der Viola da gamba ähnlichen Klangcharakter verleiht. Die Cellostimme tritt hier aus der Bassfunktion heraus in den melodiösen Dialog mit der Flöte und war in der folgenden Cellosonate von Johann Christoph Friedrich Bach dann sogar auch einmal „richtig“ solistisch zu hören.
„Cicerone“ offenbarte vom ersten Ton an eine traumhafte Ensemblekultur. Die drei Instrumente sprechen und singen miteinander, kommentieren und ergänzen einander auf höchst intensive und spannende Weise. Klar, man musste schon die Ohren spitzen, weil die zart gebauten historischen Instrumente nicht die Durchschlagskraft ihrer modernen Pendants haben. Dafür bieten sie einen umso aufregenderen Farbenreichtum, der durch die höchst einfallsreiche Spielweise der drei Musiker wunderschön zum Tragen kam. Flötist Thomas Wormitt ist ein Phänomen: Je virtuoser und schneller sein Part wird, desto gelassener steht er da; alle drei zeigen eine unglaubliche Flexibilität und Achtsamkeit im Zusammenspiel. Dies in Verbindung mit der unterhaltsamen Moderation ergibt eine charmante Performance des „Cicerone Ensembles“, das am Schluss noch einmal zurückkehrte zu Johann Sebastian Bach und seiner grandiosen E-Dur Sonate. Nach diesem fulminanten Finale gaben die Musiker ihren Zuhörern als kleinen beruhigenden Absacker einen Satz von Carl Philipp Emanuel mit auf den Heimweg.